Der Fälschung auf der Spur

Portrait Verdoliva
(Bild: Emilia Acanfora)

Frauen sind in der Informatik immer noch selten. Luisa Verdoliva studierte genau deshalb dieses Fach und ist nun eine der führenden Spezialistinnen auf dem Gebiet der Bild- und Videoforensik

von Katharina Götz

Frau Verdoliva, Sie sind ab Mai als Gastprofessorin an der FAU. Was haben Sie in den kommenden sechs Monaten vor?

Ich werde einen Kurs über Multimediaforensik anbieten. Die übrige Zeit will ich für die gemeinsame Forschung mit meinen Kollegen an der FAU nutzen. Hoffentlich finde ich auch ein paar freie Minuten, um Erlangen und Umgebung zu erkunden. Vielleicht kann ich sogar meine Deutschkenntnisse etwas auffrischen. Aber darauf würde ich nicht wetten.

Sie forschen vor allem zu Bildforensik. Was heißt das genau?

Programme für Bild- und Videobearbeitung sind mittlerweile weit verbreitet, leistungsfähig und einfach anzuwenden. Dadurch ist es sehr leicht geworden, Bilder und Videos zu verändern. Ausgefeiltere Verfahren erlauben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sehr weitreichende Veränderungen. Zum Beispiel können sie neue virtuelle Objekte in ein Bild einfügen oder den Stil und Hintergrund von Bildern verändern. Angreifer können damit eine ganze Reihe von Bild- und Videofälschungen erstellen.

Wo sind Fälschungen beispielsweise zu finden?

Man findet solche Fälschungen im Journalismus, in der Justiz, wo sie als Beweismittel genutzt werden, oder bei Versicherungsbetrug. Sogar wissenschaftliche Arbeiten können davon betroffen sein, wenn sich Thesen auf gefälschte Ergebnisse stützen. Mit Multimediaforensik versuchen wir, Algorithmen zu entwickeln, die Bild- und Videomanipulationen aufdecken können.

Was war Ihre Motivation, an die FAU zu kommen?

Ich arbeite schon länger mit Dr. Christian Riess und Prof. Dr. Marc Stamminger zusammen. Unsere Arbeitsgruppen sind im selben Forschungsprojekt zu Multimediaforensik tätig. Wir wollen gemeinsam neue Ansätze entwickeln, um Videomanipulationen aufzudecken. Dabei konzentrieren wir uns auf Programme, die es erlauben, die Mimik und die Lippenbewegung einer Person in einem Video zu verändern oder die Gesichter verschiedener Personen auszutauschen.

Was ist die Aufgabe der Bild- und Videoforensik?

Die neuen Technologien können realistische Videofälschungen sogar in Echtzeit produzieren. Das hat weltweit die Alarmglocken läuten lassen. Derartige Fälschungen aufzudecken, ist aktuell die große Herausforderung der Videoforensik. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, als mich Marc und Christian eingeladen haben, für einige Zeit an die FAU zu kommen und unsere gemeinsame Forschung voranzutreiben. Ich freue mich auch darauf, Studierende der Informatik an der FAU in meinem Kurs kennenzulernen.

Frauen, die Informatik studieren, sind noch immer ungewöhnlich. Was war entscheidend für Ihre Studienwahl?

Ich liebe Herausforderungen. Als ich mit der Schule fertig war, waren Ingenieurswissenschaften bei Mädchen noch ungewöhnlicher als heute. Ich wollte unbedingt beweisen, dass ich es schaffen kann und habe mich in Neapel für Nachrichtentechnik eingeschrieben. Ich habe diese Wahl nie bereut und kann es allen Mädchen, die sich für Wissenschaft und Technik begeistern, wärmstens ans Herz legen. Meiner Meinung nach haben vor allem Geschichten über erfolgreiche Frauen in diesen Branchen die größte Motivationskraft. Dadurch können Fächer wie Informatik für Frauen interessanter werden.

Auf was freuen Sie sich besonders in Erlangen und Nürnberg?

Ich glaube, das kann eine wichtige Chance für meine Karriere sein. Ich will die Zusammenarbeit mit den Kollegen vor Ort festigen und hoffentlich neue Perspektiven schaffen. Ich will neue Ideen und Methoden kennenlernen. Außerdem interessieren mich verschiedene akademische Systeme im Detail. Denn es ist immer wichtig, Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.


Frauen für die FAU

Seit 2005 werden an der FAU Zielvereinbarungen zwischen der Universitätsleitung und den Fakultäten abgeschlossen, um den Frauenanteil in der Wissenschaft zu erhöhen. Maßnahmen wie zum Beispiel Gastprofessuren, die ARIADNE-Mentoring-Programme, Tagungsförderung oder Fakultätsfrauenpreise sollen junge, potenzialreiche Wissenschaftlerinnen auf dem Weg zur Professorin fördern. Die genauen Vereinbarungen und Maßnahmen finden sich online beim Büro für Gender und Diversity:

www.gender-und-diversity.fau.de


Das FAU-Magazin alexander

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Dieser Text erschien zuerst in unserem Magazin alexander. Weitere Themen der Ausgabe: Vielfalt an der FAU, das Bild, das wir vom Altwerden haben, das Unimusical und ein Roboter-Quartett, mit dem wir die Roboter vorstellen, an denen an der FAU geforscht wird.

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